Als Filmemacherin zwischen Stadt und Land

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Ich sehe es als Teil meiner Arbeit, zum Erhalt der Filmbühne als kultureller Nahversorger in einer ländlichen Region beizutragen.

Leidenschaft für den Film

Es gibt also ein Wort dafür: „multilokal“. „Multilokal“, so leben wir. Mein Freund Andreas und ich sind sowohl in Waidhofen an der Ybbs als auch in Wien wohnhaft. Ich bin in Waidhofen geboren und aufgewachsen und wollte schon in meiner Schulzeit nach Wien gehen, um zu studieren und um Filme zu machen.

Am Anfang meines Publizistikstudiums bin ich fast jedes Wochenende von Wien nach Waidhofen und retour gefahren, dann wurden die zeitlichen Abstände immer größer. Filmprojekte habe ich dann an einem der beiden Orte umgesetzt, zum Beispiel fürs Viertelfestival, für Pixel, Bytes + Film von ORF III oder meinen Dokumentarfilm „Sommer 1972“. Für meine Arbeit ist eine Auseinandersetzung mit der Umgebung, der Landschaft usw. essenziell.

Filmbühne Waidhofen an der Ybbs

Unsere multilokale Lebensweise entstand aber dadurch, dass Andreas das Kino seiner Mutter, die Filmbühne Waidhofen, übernommen hat. Da wir uns über die Jahre auch ein Leben in Wien aufgebaut hatten, entschieden wir uns für das wöchentliche Pendeln. Die Fahrtabstände sind nun wieder so ähnlich wie zur Studienzeit.

Die Filmbühne ist eines der wenigen erhaltenen Kinos im Mostviertel und ich sehe es als Teil meiner Arbeit, zum Erhalt dieses Kulturorts beizutragen. Sie ist ein vielfältiges Regionalkino, quasi ein Kulturnahversorger.

Kino, das ist Abenteuer im Kopf, Aufbruch in eine andere Welt – in eine vergangene oder eine zukünftige, in eine künstliche oder eine fast schon reale. Die ersten Filme, im Kino gesehen, bleiben in Erinnerung, die Dunkelheit, das Publikum, das Geschehen auf der Leinwand. Wir brauchen auch in ländlichen Regionen die Chance, Kinoerfahrungen zu sammeln.

Die Filmbühne war als Kind und Teenager mein absoluter Lieblingsort, ich konnte allein, mit Freund*innen oder Familie auf Gedanken-, Welt- und Zeitreise gehen. Ich bin froh, ein Stück dieser über 80-jährigen Filmbühnegeschichte zu begleiten und hoffentlich für die nächste Generation zu erhalten, denn Film ist seit 124 Jahren Teil der Waidhofner Alltagskultur. Das ist auch das Thema unseres Viertelfestivalprojekts 2021 „Filmverortung“.

Ich folge mit meiner Lebensart, meiner Leidenschaft dem Film, aber natürlich auch meiner Familie. Neben meiner Arbeit im Kino verwirkliche ich weiterhin Projekte an der Schnittstelle von Kunst und Zeitgeschichte und reflektiere verschiedene Mediennutzungen.

Vom Leben in der kleinen und in der großen Stadt

Mit meinem multilokalen Leben geht es mir sehr gut. Waidhofen ist eine Kleinstadt, in der alles vorhanden ist. Da wir immer zentrumsnah wohnten, brauche ich, so wie in Wien, kein Auto. Alles ist fußläufig oder mit dem Rad erreichbar. Außerdem schätze ich hochwertige Lebensmittel, so eine große Auswahl an Bäckereien und Konditoreien findet man in der Dichte wohl nirgendwo sonst. Genauso ist es mit Bio- und Regionalprodukten, Bioladen und Regionalhütten finde ich genial.

In Wien bin ich deswegen Mitglied einer Foodcoop, dabei kauft man als Verein direkt von regionalen Produzent*innen und teilt sich die Arbeit der Organisation sowie die Lieferkosten. Ich möchte weder die Vielfalt der Großstadt noch die Vertrautheit der Kleinstadt missen. Wichtig sind die Beziehungen, die Möglichkeit zu wachsen, zu gestalten, kreativ zu sein, sich frei und willkommen zu fühlen, Spielraum zu haben, sich das Leben erhalten zu können.

Für viele Kinder vom Land ist dieses Pendeln zur Schule, zur Ausbildung, zurück in die Heimatregion so natürlich und selbstverständlich, dass es Teil unserer Identität wird. Diese setzt sich meiner Meinung nach aus vielen verschiedenen Aspekten zusammen und ist nie abgeschlossen, weil sich die Lebensumstände verändern und der Mensch mit ihnen. Das Bild vom Pendel, welches von einem höhergelegenen Fixpunkt zwischen zwei Punkten hin und her schwenkt, finde ich eine sehr passende Beschreibung für mein Leben.

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